Habt ihr schon mal was von dem Blog Notes of Berlin gehört? Nein? Na, dann wird es aber höchste Zeit…
Notes of Berlin – Ein Kultblog, der sich selbst so beschreibt: „Eine Hommage an all die Notizen, die Berlin tagtäglich im Stadtbild hinterlässt.“ Viele von euch kennen sie doch bestimmt, diese kleinen Zettelchen, die an einer Hauswand, an einem Baum oder auch an Ampelmasten befestigt sind und die Aufmerksamkeit der vorbeigehenden Menschen erregen sollen. Einige dieser Notizen sind skurril, einige ganz schön lustig, andere nahezu herzzerreißend. Doch es ist egal, ob es in den Notizen um Liebe oder Hass, eine Danksagung oder eine verzweifelte Suche geht, eine spaßige oder eine ernste Angelegenheit – jede dieser Notizen vermittelt ihre eigene Botschaft. Zwar gibt es diese Notizen nicht nur in unserer Hauptstadt, doch genau hier hat sich Joab Nist, Gründer des Blogs Notes of Berlin, der Zettelwirtschaft angenommen. Tagtäglich postet er auf seinem Blog ein Best of der Berliner Notizen – Notizen, hinter denen sich eine Geschichte von Menschen verbirgt, die unsere pulsierende Hauptstadt zu dem machen, was sie ist. Und genau daraus wird nun sogar ein Film gedreht, der sich mit den Aushängen und Notizen des gleichnamigen Blogs befasst.
Notes of Berlin – Alltagspoesie von ihrer schönsten Seite
Ein Blog, dutzende Botschaften | Gründer Joab Nist im Interview
Berlins Zettelwirtschaft ist einzigartig in Deutschland | Vom Blog zum Film
Ein Blog, dutzende Botschaften
Joab Nist sammelt nun schon seit über sechs Jahren Notizen und dokumentiert diese auf seinem Blog Notes of Berlin. Manche bringen die Leser zum Schmunzeln, manche regen zum Nachdenken an. Doch eines – da ist sich Nist sicher – haben sie alle gemeinsam: Sie sprechen die Sprache der Hauptstadt. Dabei veröffentlicht der Blog nicht nur selbst gefundene Notizen, sondern auch die Leser werden dazu animiert, ihre eigenen Fundstücke einzusenden. Diese kann man dann nicht nur auf dem Blog selbst mitverfolgen, sondern auch auf diversen Social Media Kanälen wie etwa Facebook, Twitter und Instagram. Bei Facebook verzeichnet Notes of Berlin mittlerweile mehr als 153.000 Fans – eine Zahl, die zweifelsohne für den Erfolg des Kultblogs spricht. Das ist jedoch nicht verwunderlich, schließlich wird einem dank Notes of Berlin Alltagspoesie von ihrer schönsten Seite präsentiert.
Im Jahr 2012 veröffentliche Gründer Nist bereits ein eigenes Buch mit dem Titel „Wellensittich entflogen – Farbe egal“, das sich mit der kuriosen Zettelwirtschaft Berlins befasst und einen kleinen Einblick in das Leben der Großstädtler ermöglicht. Rund zwei Jahre später erschien sein Werk „Wir duschen am liebsten nackt“ mit den witzigsten WG-Anzeigen. Nun gibt es sogar schon ein drittes Buch, das ebenfalls definitiv eine sehr unterhaltsame Lektüre ist – „Heute geschlossen wegen gestern“. Allein die Titel seiner Bücher machen neugierig und verführen dazu, mehr von diesen teils skurril, teils lustigen Notizen zu lesen. Doch damit nicht genug, denn das nächste Ziel lautet wie folgt: Die Produktion eines eigenen, etwa 110-minütigen Films, der sich durch genaue Portraits verschiedener Berliner Typen auszeichnen soll – von Gelegenheitsarbeitern über Säufer und Geliebte bis hin zu einer Ur-Berlinerin dürfte hier alles mit dabei sein. Die Arbeiten für „Notes of Berlin – Der Film“ haben bereits begonnen, befinden sich aber derzeit in der Babypause. Das Besondere an diesem Film: Auch hier dürfen die Leser mitwirken und ihre eigenen Ideen zu Locations für den Film vorschlagen. Ich fiebere dem Filmstart schon gespannt entgegen!
Joab Nist im Interview
Während ich mich so durch die verschiedenen Botschaften wusele, die teilweise ganz schön unterhaltsam sein können und die Zeit wie im Flug vergehen lassen, habe ich mir überlegt, die Idee und Intention des Ganzen etwas näher zu hinterfragen. Und wer würde sich dazu besser eignen als der Gründer von Notes of Berlin selbst? In einem kurzen und knackigen Interview erzählt er mir etwas über die Entstehung seines Blog und wieso die Notizen, die es bis auf seinen Blog schaffen, die „Sprache der Hauptstadt“ sprechen.
Alles begann vor etwa 11 Jahren, als Joab von München nach Berlin zog. „Damals bin ich mit meiner Kamera durch Berlin gelaufen und habe alles abgelichtet, was ich aus München nicht kannte. Die Zettel waren für mich eine Art Reiseführer durch die verschiedenen Kieze.“ Somit ging er auf die Jagd, suchte nach immer mehr Notizen, um diese zu fotografieren. Irgendwann merkte er jedoch, dass er nicht überall sein konnte und da schlug der Blitz ein. „Ich habe gemerkt, dass die Sache mehr Potential hat und musste den Menschen irgendwie vermitteln, dass sie mithelfen müssen.“ Und so entstand die Idee eines Blogs, der im November 2010 online ging und offensichtlich in kürzester Zeit immer mehr an Beliebtheit gewonnen hat.
Auf die Frage, ob Joab auch heute noch selbst unterwegs sei, um unterschiedlichste Notizen zu finden, antwortet er mit „Ja“, allerdings habe sich sein Blick mittlerweile geschärft, und er lichte nicht mehr jede x-beliebige Notiz ab. Ein Großteil der Notizen stamme allerdings von seinen Lesern, denn Joab betreibt seinen Blog immer noch komplett alleine. Chapeau, denn bei einem näheren Blick auf den Blog kann man nur vermuten, wie viel Arbeit hinter solch einem Projekt steckt. Mittlerweile wurden sogar Medien aus dem internationalen Raum auf Notes of Berlin aufmerksam, so beispielsweise aus den Niederlanden, Irland und auch aus den USA – und das obwohl die meisten Notizen auf Deutsch sind.
Bei Facebook liest man bei den Posts oft den Ausdruck „Sprache der Hauptstadt“, daher die Frage, inwiefern man in den kleinen Botschaften mehr über die Menschen unserer Hauptstadt erfährt? Joab ist sich sicher, die kleinen Botschaften verraten sehr viel über die Menschen, die dahinterstecken. „Man bekommt einen Einblick in die Dinge, die die Menschen beschäftigen. Besonders interessant ist die Echtheit der Notizen, da sie ungefiltert sind, und viele Menschen sich vorher wenige Gedanken darüber machen, was sie dort aufhängen, sie tun es einfach. Daher bekommt man einen guten Eindruck davon, wie die Menschen tatsächlich ticken. Obwohl es Notizen aus Berlin sind – sei es zum Thema Liebeskummer, verlorene Haustiere oder Nachbarschaftsstreit – werden sie auch überregional gelesen, da sich auch Menschen aus anderen Städten mit diesen Botschaften identifizieren können.“
Berlins Zettelwirtschaft – einzigartig in Deutschland
Natürlich interessiert mich auch, ob Joab sich vorstellen könnte, dieses Projekt auf andere Städte auszuweiten. „Ich glaube, es gibt einige Leute, die das bereits versucht haben, doch die Zettelwirtschaft, die es in Berlin gibt, gibt es meiner Meinung nach in keiner anderen Stadt. Vielleicht in Hamburg am ehesten.“ Doch er weiß, dass in solch einen Blog viel Arbeit investiert werden muss, sodass es für ihn nahezu unmöglich sei, sich noch weiteren einzelnen Städten zu widmen – auch wenn es vielleicht noch einige reizvolle Destinationen gibt. Bisher gibt es auf seinem Blog eine eigene Rubrik mit der Bezeichnung „Notes of Germany“, in der die Leser Gastbeiträge aus den verschiedensten Städten Deutschlands veröffentlichen können.
Eine etwas schwierige Frage, die ich mir allerdings nicht wirklich verkneifen konnte, bringt Joab kurz zum Grübeln. Welche war die wohl bisher lustigste Notiz oder vielleicht auch die bewegendste? „Nun ja, da könnte ich dir aus jeder der verschiedenen Kategorien welche nennen“, so Joab. Dass die Antwort auf diese Frage eigentlich gar nicht richtig beantwortet werden kann, habe ich mir fast gedacht, denn täglich kommen wahrscheinlich viel zu viele lustige, aber auch skurrile Notizen hinzu. „Da ist aber eine Notiz, die ich sehr gerne mag und die mir irgendwie im Gedächtnis geblieben ist, und zwar steht da drauf: „Ich würde gern dein Fahrrad klauen, aber kaufen ist fairer. Wär echt geil!“ – und dazu noch die Handynummer. Diese Notiz ist vielleicht nicht super lustig, aber einfach untypisch und sympathisch. Normalerweise gibt es eher Notizen, in denen sich die Leute über einen Fahrraddiebstahl beschweren.“
Vom Blog zum Film
Und zum Abschluss natürlich noch die Frage, wie es zu der genialen Idee kam, aus dem Blog einen Film zu machen? „Die Idee ist mit einer Regisseurin aus Berlin entstanden. Ich wollte daraus etwas Dokumentarisches machen, die Personen aufsuchen, die hinter den Botschaften stecken, sie wollte daraus vielmehr etwas Fiktives machen. Somit entstand die Idee eines Episodenfilms.“ Joab spricht von einem Experiment, bei dem das gesamte Team, das hinter der Produktion des Films steckt, noch nicht wisse, ob es tatsächlich gelingen würde. „Wir sind jetzt keine riesige Filmproduktion und eigentlich ist es für uns alle Neuland. Wir nutzen einfach den Freiraum und haben keine hohen Erwartungen, doch die Hauptsache ist, dass es Spaß macht.“ Und das macht es, da bin ich mir ganz sicher.
Also ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber ich bin einfach nur tierisch gespannt, wie der Film von „Notes of Berlin“ aussehen wird. Verfolgen könnt ihr das Ganze übrigens auf der speziell für den Film eingerichteten Webseite sowie auf der eigenen Facebook-Seite. Vielen Dank, lieber Joab, für das nette Interview.
Mich hat dieser einzigartige Blog definitiv als Leser hinzugewonnen. Wie sieht’s mit euch aus? Was sagt ihr zu dieser coolen Idee?
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Fotos: www.notesofberlin.com