Unzählige verlassene Gebäude und der Wind, der durch die leeren Straßen heult, sind die einzigen Zeugen, die dauerhaft in der Stadt Prypjat in der Nähe des havarierten Atomkraftwerks in Tschernobyl geblieben sind. Die ukrainische Geisterstadt bildet die Kulisse zu einem realen Horrorfilm. Was euch auf einer Reise nach Tschernobyl erwartet und ob diese überhaupt sicher ist, lest ihr hier.

Ein verlassener Freizeitpark: Die Gondeln des Riesenrads schimmern im Braun des Rostes, die einzelnen Wagen des Autoscooters sind von Gras überwuchert. Wenn der Wind über das Gelände weht, knirscht und ächzt es aus allen Richtungen. Leerstehende Häuser mit zerbrochenen Fensterscheiben, teils schon eingefallen, säumen die leergefegten Straßen der Stadt. Jeder Schritt, jede Bewegung hallt nach. Lässt man den Blick über die Szenerie streifen, ist Verfall und Leere das Einzige, was dort bewundert werden kann. Das ist die gruselige Beschreibung der Geisterstadt Prypjat bei Tschernobyl. Nicht gerade ein Traumziel für den nächsten Urlaub, doch seit 2011 ist die ehemalige 50.000 Seelen Stadt wieder offiziell für Touristen zugänglich und zieht sie spätestens nach dem Riesenerfolg der HBO Serie Chernobyl magisch an.

Eine Reise nach Prypjat bei Tschernobyl

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Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl veränderte alles

Prypjat wurde einst als Arbeiterstadt errichtet, um den Angestellten des Kernkraftwerks Tschernobyl ein Zuhause zu bieten. Mit einer Entfernung von etwa vier Kilometern zum Reaktor liegt sie inmitten der unbewohnbaren 30-Kilometer-Zone. Als am 26. April 1986 mit der Kernschmelze der GAU passierte, wurde die dem Kraftwerk am nächsten liegende Stadt erst 36 Stunden nach dem Unfall evakuiert. Seitdem hat man sie der Natur überlassen müssen. Zu gefährlich war es, die Bewohner wieder in ihre verstrahlten Häuser zurückkehren zu lassen. Mittlerweile sind einige wenige Bewohner in ihre alten Orte zurückgekehrt, die meisten aber meiden das Gebiet weiträumig.

Bei der Katastrophe trat radioaktive Strahlung aus, die sich über Nordeuropa verteilte

Bei der Explosion im Reaktor 4 in Tschernobyl trat 1986 gefährliche radioaktive Strahlung aus, diese verteilte sich über einen Großteil Nordeuropas (z.B. Balkan, Norditalien, Finnland). Mehrere Hunderttausend Menschen aus den umliegenden verseuchten Gebieten in Weißrussland, Russland sowie der Ukraine selbst mussten umgesiedelt werden. Auch heute noch sind die Folgen der Katastrophe in der Bevölkerung zu spüren – ganze Landstriche liegen brach.

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Um Panik zu vermeiden, wurde die Bevölkerung nur sehr spärlich informiert. Lediglich eine Radionachricht am Folgetag des GAU forderte die Leute dazu auf, die Stadt mittels bereitgestellter Busse zu verlassen. Es folgte die Anweisung, sich für eine dreitägige Abwesenheit auszurüsten – eine unbedachte und natürlich völlig utopische Vorgabe. Dadurch, dass die Bewohner Prypjats erst so spät evakuiert wurden, waren sie lange einer extremen Strahlendosen ausgesetzt, die enorme gesundheitliche Schäden, wie jegliche Art von Krebserkrankungen oder sogar den Tod, als direkte Folge der Kontaminierung zur Folge hatte.

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Prypjat heute

Prypjat ist heute eine Geisterstadt, die trotz der Strahlengefahr über die Jahre von Plünderern und illegalen Besuchern heimgesucht wurde. Um für einen weiteren Unfall schnelle Zufahrtswege zum Reaktor bereitstellen zu können, arbeiten dort immer noch rund 4.000 Arbeiter. Die Straßen der Stadt sind bereits dekontaminiert, das heißt, sie sind weitgehend von der gefährlichen Strahlung befreit. Die aktuellen Messwerte liegen bei 0,97 Mikrosievert pro Stunde. Zum Vergleich: In Österreich sind wir pro Jahr einer natürlichen Strahlung von etwa zwei Millisievert ausgesetzt, das entspricht einer Stundendosis von 0,23 Mikrosievert. Das Erstaunliche ist, dass sich die Tiere und Pflanzen in der Gegend scheinbar sehr gut an die Radioaktivität gewöhnt haben und das, obwohl Pflanzen die radioaktive Strahlung viel länger speichern. Forscher studieren seit Jahren die Vegetation und Entwicklung der heimischen Arten und suchen nach Veränderungen – ein spannendes und schier unerschöpfliches Thema für die Wissenschaft.

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Ausflüge und Touren nach Tschernobyl

25 Jahre nach dem Vorfall wurde die Stadt für den Tourismus freigegeben. Hat das noch was mit Urlaub zu tun? Dark Tourism lautet das Stichwort. Laut dem Forbes Magazin ist die kontaminierte Stadt sogar als Reiseziel der Kategorie „world’s unique place to visit“ einzustufen.

Anbieter von Tschernobyl Touren

Ein renommierter Anbieter ist TSCHERNOBYL TOUR®. Hier könnt ihr euch einer Reisegruppe anschließen oder eine individuelle Tschernobyl Tour buchen. Die Ausflüge starten ab Kiew.

Um Zugang nach Prypjat oder in andere Dörfer der Sperrzone von Tschernobyl zu erhalten, braucht ihr eine gültige Zugangsberechtigung, die nur von den ukrainischen Reiseveranstaltern ausgehändigt werden. Die Reise findet meist mit einem Bus ab Kiew statt. Geschulte Guides führen euch durch Prypjat, außerdem sind Treffen mit Zeitzeugen eine oft angebotene Leistung, um den Besuchern einen exklusiven Einblick in die vergangenen Geschehnisse zu bieten. Wer einen noch intensiveren Eindruck haben möchte, kann außerdem mehrtägige Tschernobyl Touren buchen.

Eine eintägige Tour wird bereits ab etwa 80€ angeboten, dabei wird sowohl die Geisterstadt selbst, als auch das Atomkraftwerk in Tschernobyl besucht. Längst verlassene Schulen und Kindergärten, in denen umgefallene Stühle, auf dem Boden verteilte Blätter und umgefallene Regale ein normaler Anblick sind, zählen zu den Anlaufstellen der Tour. In einem Krankenhaus reihen sich immer noch die verrosteten Bettchen von Säuglingen aneinander und von Tieren zerfetzte Puppen ergänzen das grauenerregende Bild. Das sich von Geisterhand drehende Riesenrad und die verfallene Schwimmhalle geben Prypjat die besten Voraussetzungen, um Schauplatz eines Horrorfilms zu sein.

Die Veranstalter weisen darauf hin, dass ihr als Teilnehmer euer eigenes Trinkwasser und Snacks mitbringen solltet, da das Wasser und die Lebensmittel der Region nach wie vor als kontaminiert und somit als gesundheitsschädlich gelten. Auch ein eigener Geigerzähler, der während der Tour die Strahlenwerte misst, wird empfohlen. Habt ihr zufällig keinen zur Hand, könnt ihr euch das Gerät meist vor Ort ausleihen.

Sicherheitshinweise für die Reise nach Prypjat

Wenn ihr eine Reise in die ehemals stark kontaminierte Stadt wagt, solltet ihr bei eurem Besuch einiges beachten. Durch die unmittelbare Nähe zum Reaktor sind trotz der mehr als 30 vergangenen Jahre Gebäude und Pflanzen immer noch stark belastet. Deshalb ist das Sammeln von Beeren und Pilzen strengstens verboten, auch das Anfassen von Pflanzen und Gegenständen sowie der Wände innerhalb der Gebäude ist strengstens untersagt. Eine Schutzkleidung ist jedoch laut der Veranstalter nicht von Nöten. Festes Schuhwerk und langärmelige Kleidung seien zum Schutz vor der noch vorherrschenden Strahlung völlig ausreichend.

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Foto: meunierd/Shutterstock.com

Ein Hostel mitten in der Sperrzone von Tschernobyl

Wem eine einzige Tour durch die Geisterstadt Prypjat und das Gelände des havarierten Kernkraftwerkes von Tschernobyl nicht genügt, der kann gleich für eine Übernachtung in die Sperrzone kommen. Tschernobyl lockt Touristen seit zwei Jahren mit einem Hostel, das über insgesamt 50 Ein- bis Dreibettzimmer verfügt.

Übernachten in der Sperrzone

Die Kosten für eine Nacht liegen hier gerade mal bei umgerechnet 7€ – inklusive Dusche, Fernsehen und WLAN. Möchtet ihr eine Nacht in dem Hostel in Tschernobyl verbringen, solltet ihr euch an einen lokalen Touranbieter wenden. Wichtig: Auch wenn ihr Gäste des Hostels seid, könnt ihr die Geisterstadt nicht auf eigene Faust, sondern nur innerhalb einer geführten Tour erkunden.

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Foto: iStock.com/Tijuana2014

Chernobyl – eine Fernsehserie über das Unglück

Die vom Fernsehsender HBO produzierte Serie „Chernobyl“ beschäftigt sich in eindrucksvoller und geradezu dokumentarischer Weise mit der Nuklearkatastrophe in der Ukraine – und löste damit ein reges Interesse an Reisen nach Tschernobyl aus.

Die Serie führt das Ausmaß der Katastrophe schonungslos vor Augen

Die Dreharbeiten der Serie, die uns das Unglück und seine Folgen mit krassen Bildern schonungslos vor Augen führt, fanden zum Teil sogar in der Ukraine statt, andere in Litauen, wo unter anderem das mittlerweile stillgelegte Kernkraftwerk Ignalina als Kulisse diente. So viel Realismus kommt an – die Serie wird schon jetzt als eine der erfolgreichsten aller Zeiten betitelt.

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Eine Reise nach Tschernobyl?

Nun sind wir vorerst am Ende einer un- und dennoch außergewöhnlichen Reise angekommen. Der Ausflug nach Tschernobyl hat mich beeindruckt zurückgelassen. Schließlich mahnt das havarierte Atomkraftwerk doch eindringlich zur Vorsicht und Demut und erinnert uns daran, was für schlimme Folgen ein Unfall wie dieser für Mensch und Natur haben kann. Würdet ihr einen Ausflug nach Prypjat bei Tschernobyl machen? Was haltet ihr allgemein von Dark Tourism? Nehmt an der Umfrage teil und verratet mir eure Meinung!

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